Interviews
Fortschritt braucht Visionen und Impulse
"In Rheinland-Pfalz ist es gelungen, die mit der Konversion verbundenen Chancen für neue Entwicklungen zu nutzen. Der PRE Park in Kaiserslautern gehört zu den wichtigsten Konversionsprojekten des Landes. Aus einem ehemaligen Kasernengelände ist ein neues Technologiezentrum entstanden, das über die Region hinaus ausstrahlt. Sein Erfolg beruht auf der gelungenen Verbindung von Forschen, Arbeiten, Wohnen, Einkaufen und Freizeit."
- Kurt Beck, Ministerpräsident des Landes Rheinland-Pfalz
Kompetenz , ein unschätzbares Kapital
Nichts ist so veraltet wie die Technologie von gestern...
Dies gilt insbesondere im Informatik/ Softwarebereich, in dem die Weiterentwicklung in schwindelerregendem Tempo abläuft. Wettbewerbsfähig wird auf Dauer nur diejenige Firma sein, die auch technologisch die Nase vorn hat. Praxisrelevante Technologieangebote können unter diesen Randbedingungen nur aus der engen Verzahnung von Forschung und Entwicklung mit der Umsetzung und Anwendung entstehen. Prof. Dr. Rombach hat für den Softwarebereich mit der Integration von Grundlagenforschung an der Universität sowie angewandter Forschung und industrieller Anwendung im Fraunhofer Institut für Experimentelles Software Engineering (IESE) das ideale Umfeld geschaffen, um Firmen den notwendigen Wettbewerbsvorsprung zu sichern.
Welche Rolle spielt heute der Bereich Software Engineering für Unternehmen?
Produkte und Dienstleistungen aller Branchen sind heute ohne komplexe Software nicht mehr denkbar. Mehr noch, diese Software ist mit entscheidend für die Wettbewerbsfähigkeit dieser Produkte und Dienstleistungen. Dementsprechend müssen Firmen die Fähigkeit, derartige Software kostengünstig mit hoher Qualität entwickeln zu können ("Software Engineering"), als notwendige Kernkompetenz begreifen und nachhaltig etablieren.
Der Bereich IKT gilt heute als Wachstumsmarkt. Wo sehen Sie die größten Chancen, dieses Wachstum zu generieren?
Zunächst muss klar gestellt werden, dass es sich damit nur zum Teil um die IKT-Branche im engeren Sinne handelt, also Firmen, die IKT-Produkte oder Dienstleistungen anbieten. Oft wird aber vergessen, dass dazu auch alle anderen Branchen wie Handel, Automobil oder Telekommunikation gehören, deren Produkte und Dienstleistungen ohne IKT nicht mehr wettbewerbsfähig wären. Ansiedlungsentscheidungen werden immer mehr nach zwei Kriterien getroffen: (a) unmittelbarer Zugang zu Topkompetenz in Schlüsseltechnologien wie IKT/Softwaretechnologie, und (b) Verfügbarkeit von qualifiziertem Personal. Hier liegt die Chance für Kaiserslautern, wenn die genannten Bausteine systematisch ausgebaut und auf Topniveau gehalten werden. Desweiteren wird die Ansiedlung kleiner Firmen langfristig durch Zugpferde ("Global Players") attraktiv gemacht. Die Chancen sind enorm.
Wo sehen Sie die Entwicklung und Chancen des Technologie-Standortes Kaiserslautern?
Kaiserslautern hat hervorragende Voraussetzungen, für einen bundesweit führenden Standort im Bereich der Informations- und Kommunikationstechnik (IKT). Dazu gehören eine hervorragende Universität mit einem international angesehenen Informatikfachbereich, angewandte Forschungs- und Transferinstitute wie das Fraunhofer IESE, das ITWM (Institut für Techno- und Wirtschaftsmathematik) oder das DFKI (Deutsches Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz), hochwertige Weiterbildungseinrichtungen sowie eine wachsende Zahl von Hightechfirmen in den Branchen Software/Multimedia, Automobil, Handel, etc. Diese Branchen haben bereits heute zu mehr als 2.000 neuen Arbeitsplätzen in Kaiserslautern geführt und bieten langfristig das Potential, mit weiteren 5.000 Arbeitsplätzen zum dauerhaften Stabilisator des Arbeitsmarktes in Kaiserslautern zu werden.
Warum engagieren Sie sich persönlich so stark im PRE-Park?
Hier wird ein modernes auf marktorientierten Technologie und Qualifikationsangeboten basierendes Ansiedlungskonzept umgesetzt. Die Mitarbeit macht Spaß, weil das dynamische Management des PRE-Parks dieses Konzept nicht als Worthülsen versteht, sondern bei allen Entscheidungen konsequent umsetzt. Die Aufbruchstimmung und der Glaube "Hier erfolgreich sein zu können" ist im PRE-Park spürbar!
Die Rolle der Mathematik
...hat sich in den letzten Jahrzehnten grundlegend gewandelt; aus einer Wissenschaft im Elfenbeinturm wurde eine Technologie. Mehr noch: Mathematik ist heute ein Schlüssel für Schlüsseltechnologien. Denn überall werden Computersimulationen eingesetzt, Design und Prüfung neuer technischer und organisatorischer Systeme erfolgt in virtuellen Computerwelten. Und Mathematik ist der Kern dieser Simulationen; sie sorgt dafür, dass virtuelle und reale Welt weitestgehend übereinstimmen. Diese Mathematik heißt deshalb Technomathematik und Wirtschaftsmathematik - und so heißt auch das Fraunhofer Institut ITWM in Kaiserslautern. Prof. Dr. Helmut Neunzert ist einer der Gründungsväter der Technomathematik, ein Pionier für die Verbindung von Mathematik und Industrie. Zur Deckung der für den Softwarebereich so dringend benötigten "human resources" glaubt er an zwei Rezepte: Internationalisierung der Ausbildung an Universitäten und Forschungsinstituten und Zusammenschluss der in Kaiserslautern besonders stark vertretenen Mathematikkompetenzen in einer "Mathematikallianz".
Welche Rolle spielt der Bereich Techno- und Wirtschaftsmathematik für Unternehmen?
Mathematik ist die Basis jeder Software. Wir müssen uns klarmachen, daß Software in zwei Bereichen der Wirtschaft eine große Rolle spielt: einmal als Intelligenz in den Maschinen und zweitens zur Schaffung virtueller Welten.
Die Zuverlässigkeit dieser Intelligenz ist das Aufgabengebiet des Software- engineering. Zu garantieren, daß diese virtuellen Welten nahe bei der realen Welt liegen ist die Aufgabe der angewandten Mathematik. Das heute alles in der virtuellen Welt geplant wird, das also die Versuche besser im Computer gefahren werden als in der realen Welt, unterstreicht die Bedeutung dieser Schaffung von virtuellen Welten.
Wo sehen Sie die Entwicklung und Chancen des Technologie-Standortes Kaiserslautern?
Insbesondere darin, daß in einer relativ kleinen Stadt eine ungeheuer hohe Kompetenzkonzentration vorliegt. Da gibt es eine sehr anwendungsorientierte Hightech-Universität, zwei Fraunhofer-Institute, Unternehmen internationaler Bedeutung und natürlich auch außergewöhnliche Standortmöglichkeiten wie den PRE Park.
Der Bereich virtuelle Welten ist ein ausgesprochener Wachstumsmarkt. Wo sehen Chancen und Risiken für dieses Wachstum?
Das größte Problem sind sicherlich die Human Ressources. Dies läßt sich meiner Meinung nach dadurch lösen, in dem die Ausbildung verstärkt wird. Da muss man solche Aktivitäten wie die Science Alliance ganz stark einbeziehen und nicht zuletzt müssen diese Dinge, was ich für ganz wichtig halte, mit hohem Nachdruck internationalisiert werden. Denn die "Human Ressources Brain" gibt es ja auf der Welt in Massen, wir müssen daher hochattraktiv sein für die Intelligenz aus Indien, Indonesien und China, damit diese Leute zu uns hierher an den Standort kommen. Die Universität besitzt ja schon eine gewisse Ausstrahlung und es werden deshalb auch ein Großteil der Lesungen in Englisch gehalten.
Die Fraunhofer Institute haben diese Internationalität bereits erreicht.
Wie beurteilen Sie den PRE-Park als Technologie-Standort?
Durch die enge Verknüpfung mit der Universität hat dieses Konzept sich als führender Technologie-Standort etabliert. Garant für eine solche Entwicklung ist sicherlich auch die Aufgeschlossenheit der PRE gegenüber neuen Ideen aus Forschung und Lehre sowie deren unkomplizierter und direkter Realisierung.